1) Die soziale Unterstützung ist die wichtigste Ressource!
Freunde, Familie, Kollegen, enge Bezugspersonen können sehr hilfreich sein wenn es darum geht ein Trauma zu verarbeiten. Nimm die Unterstützung des sozialen Umfeldes an. Rede mit den Menschen die dir nahe sind über das was dich belastet.
2) Reden, reden und nochmals reden!
Wenn es dir möglich ist und du dich an Vertrauenspersonen wendest, hilft das Reden bei der Verarbeitung des Traumas enorm. Es kann vorkommen, dass es dir schwerfällt das traumatische Geschehen in Worte zu fassen. Das ist zumeist eine normale Reaktion auf eine außergewöhnliche Belastung. Bei einer Traumatisierung kommt es zu einer anderen Verarbeitung im Gehirn. Das was passiert, wird sofort im impliziten Gedächtnis verarbeitet. Das heißt, da wo auch die automatischen Handlungsabläufe sitzen. Dadurch ist es dir möglich in Stresssituationen schnell und automatisch zu reagieren. Bei einem Trauma bist du aber in einem Zustand, indem Flucht und Kampf nicht möglich ist. Dein Gedächtnis wird stark mit negativen Reizen überflutet und das was geschieht wird sprachlich nicht verarbeitet. Das erklärt warum traumatisierte Personen, oft keine zusammenhängende Geschichte erzählen können.
Achte also darauf ob es dir möglich ist, dich an alles zu erinnern. Stelle dir Fragen wie zum Beispiel:
- Wie hat mein Tag angefangen?
- Was hab ich gemacht bevor das schlimme Ereignis passiert ist?
- Wie habe ich mich gefühlt während des Ereignisses?
Was ist danach passiert? - …
Alles was dir dabei hilft, eine vollständige Geschichte über das Geschehnis zu erzählen, ist wichtig.
3) Nimm dir Zeit – Gönne dir eine Auszeit!
Nach einer Traumatisierung sind dein Körper und dein Geist in einem aufgebrachten Zustand. Vielleicht merkst du, dass du zitterst, schwitzt, dich schneller aufregst als sonst oder du schreckhafter bist. Du wirst vielleicht feststellen, dass immer wieder Gedanken ganz automatisch in deinen Kopf herum schwirren, die mit dem schlimmen Ereignis in Verbindung stehen. Besonders in der Nacht wenn du zur Ruhe kommst. All das sind ganz normale Reaktionen auf eine sehr belastende Situation, die zumeist ganz überraschend und unerwartet in dein Leben tritt. Dein Gehirn versucht diese außergewöhnlichen Dinge zu verarbeiten. Auch im Traum ist das möglich. Es ist also völlig normal, wenn du immer wieder über das Geschehen nachdenkst.
Auch dein Körper braucht nach der enormen Stressbelastung eine Phase der Entspannung. Tu also etwas, dass dich entspannt. In der Natur kannst du Ruhe finden. Sport eignet sich sehr gut um von der erhöhten körperlichen Aktivierung herunter zu kommen. Ein heißes Bad, ein gutes Essen, ein Spaziergang,…was dir auch immer hilft in die Ruhe zu finden, tu es!
Menschen die Selbsthypnose oder andere Arten von Entspannungsmethoden (zum Beispiel autogenes Training, progressive Muskelentspannung, Meditation, Yoga, Qigong, Tai chi,…) anwenden, sind in der Lage, auch nach belastenden Situationen, wieder schneller in die Ruhe zu finden. Das ist eine große Ressource, die auch bei traumatischen Situationen sehr hilfreich genützt werden kann.
4) Atme ruhig
In Stresssituationen kommt es zu schneller flacher Atmung. Auch nach dem Trauma kann es immer wieder dazu kommen, dass dein Körper deutlich übererregt ist. Die Atmung ist die schnellste und effizienteste Möglichkeit, dass du dich selbst beruhigst. Auch in panikartigen Zuständen kannst du dadurch wieder Kontrolle über deinen Körper erlangen.
Atemübung:
- Leg eine deiner Hände auf den Bauch (egal ob sitzend oder liegend).
- Atme tief ein und spüre wie sich der Bauch nach außen wölbt (zähle im Gedanken langsam bis 3).
- Halte die Luft kurz an.
- Atme lange und tief aus und spür wie sich der Bauch dabei nach innen senkt (zähle im Gedanken bist 5). Beim Ausatmen kannst du dir vorstellen, dass die ganze Anspannung hinausgeht, alles was unangenehm ist, atmest du aus.
Wiederhole diese Atemtechnik einige Male (ca. 10x). So lange bis du merkst, dass dein Organismus zur Ruhe kommt. Die tiefe Bauchatmung ist generell in Stresssituationen eine tolle Möglichkeit wieder in die Ruhe zu finden.
5) Lass deine Emotionen raus
Egal ob Wut, Trauer, Frustration, Schuld, Scham, Hoffnungslosigkeit, … nach einer traumatischen Erfahrung erleben viele Personen eine Achterbahn der Gefühle. Betroffenen fühlen sich häufig schuldig über das was passiert ist. Auch die Frage, „was wäre wenn ich anders gehandelt hätte“… kann auftauchen. Lass diese Gedanken zu und äußere deine Emotionen. Auch hier braucht es eine Zeit bis dein Gefühlshaushalt wieder stabil wird. Manche Menschen berichten darüber, dass sie zum Beispiel beim Tod eines nahen Angehörigen, nicht weinen können und fühlen sich schlecht. Aber auch das darf und kann sein. Jeder regiert anders auf ein traumatisches Geschehen. Es gibt kein „das ist normal“ in dieser Situation. Auch hier gilt wieder: Rede über das was in der vorgeht und beobachte wie es dir geht – am Besten ohne es zu bewerten.
Trauer hilft dir bei der Verarbeitung, aber nicht immer ist es möglich sofort zu trauern. Erst wenn du trauern kannst beginnst du die Realität anzunehmen.
6) Konfrontiere dich Schritt für Schritt
Auch wenn du am liebsten alles was mit dem traumtischen Geschehen zu tun hat weg schieben möchtest und die Erinnerung daran schrecklich ist…konfrontier dich. Du hast jetzt schon erfahren, dass dein Gehirn eine Möglichkeit zur Verarbeitung sucht. Vielleicht wirst du nicht gerade in den ersten Tagen wieder an die Unfallstelle zurück gehen oder gleich wieder in ein Auto steigen (nach einem schweren Verkehrsunfall). Dennoch solltest du dich Schritt für Schritt damit konfrontieren. Vermeidest du die Situationen die mit dem Trauma in Verbindung stehen, kann das die Verarbeitung verzögern. Manchmal bleiben dadurch die Ängste aufrecht erhalten.
Du traust dich nach einem Unfall nicht mehr selbst mit dem Auto zu fahren?
Dann könnte der erste Schritt der Konfrontation sein, dass du dich zuerst nur hinter das Lenkrad setzt ohne zu fahren. Beobachte dich selbst wie es dir dabei geht.
Erlebst du zu Beginn vielleicht noch ein Gefühl der Angst, der Unruhe, wirst du feststellen, dass diese mit der Zeit des Sitzens abnimmt.
Im nächste Schritt fahr einfach nur als Beifahrer mit. Danach erst, trau dich selbst wieder hinter das Steuer. Vielleicht hilft es dir wenn bei der ersten Ausfahrt eine nahe stehende Person mitfährt.
Eine weitere Möglichkeit zur Konfrontation ist, dass du den Ort des Traumas aufsuchst. So kann das Trauma seinen Schrecken verlieren. Du kannst erkennen es ist vorbei! An dem Ort ist nichts schlimmes mehr. Dinge die nicht gut verarbeitet sind, machen uns weiterhin Angst. Konfrontierst du dich aber wirst du feststellen, dass die Ängste abnehmen und du nach und nach wieder fest verwurzelt im Leben stehst.
7) Nütz deinen Ressourcen
Du hast etwas Schlimmes erlebt?
Du fragst dich wie es jetzt weiter geht?
Du weißt nicht ob du jemals wieder unbeschwert durchs Leben gehst?
Dann denke jetzt nach ob du in deinem bisherigen Leben schon einmal vor einem schweren Hindernis gestanden bist. Vielleicht hast du eine Trennung erlebt, einen Arbeitsplatzverlust oder eine plötzlich negative Nachricht hat dir den Boden unter den Füßen weggezogen.
Wie bist du damals mit der außergewöhnlichen Belastung umgegangen?
Was hat dir dabei geholfen um wieder ins Lot zu kommen?
Und wie lange in etwa hat diese schwierige Phase gedauert, bis du wieder gestärkt aus der Krise heraus gegangen bist?
Durch das Beantworten dieser Fragen kannst du vielleicht auf Alt bewährtes zurück greifen. Das was dir einmal geholfen hat, kann auch jetzt wieder nützlich werden.
Greif auf deine inneren Ressourcen zurück. In jedem Mensch sind sie vorhanden.
8) Nein, du bist nicht verrückt
Nach einer belastenden Situation spiel dein Körper und dein Geist oft verrückt. Du leidest vielleicht unter Flashbacks, schwitzt schnell, bist schreckhafter und gereizter. Vielleicht kannst du nachts nicht mehr so gut ein- oder durchschlafen. Auch deine Konzentrationsfähigkeit kann eingeschränkt sein. Manche Menschen erleben Gefühle von Schuld, Sinnlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Angst oder Traurigkeit. Auch das Grübeln (warum dieses Ereignis wohl passiert ist), gehört zu den üblichen Reaktionen nach einer traumatischen Situation.
Wenn du diese Seite bisher durchgelesen hast, bist du bestens informiert über Traumata und deren Folgen. Du weißt also, all diese Reaktionen sind völlig normal aufgrund der belastenden Situation. Diese Reaktionen sollten nach Tagen oder Wochen wieder abnehmen. Manchmal ist das aber nicht der Fall. Wenn dieses unübliche Verhalten nach ungefähr vier Wochen nicht besser wird, dann ist es wichtig professionelle Unterstützung aufzusuchen.